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Deutsch-israelisches Kunsterlebnis in Bochum

 

Eine Ausstellung im Kunstmuseum Bochum zeigt Arbeiten von Olaf Holzapfel und Nahum Tevet und beschäftigt sich mit der israelischen Pädagogin Malka Haas. Ein Gespräch mit dem Kuratoren-Team Hans Günter Golinski und Galia Bar-Or.

 

Ein zentraler Bezugspunkt der von Ihnen kuratierten Ausstellung „The Rough Law of Gardens“ ist das Konzept der „Junkyards“ der israelischen Kindergarten-Pädagogin Malka Haas. Könnten Sie kurz erklären: Wer ist Malka Haas ist und was hat es mit ihren „Junkyards“ auf sich?

Galia Bar-Or: Malka Haas wurde 1920 in Berlin geboren. 1935 wanderte sie nach Israel aus und war Mitbegründerin des Kibbuz Sde-Eliyahu im Tal Beit She’an. 1942 baute sie in Sde-Eliyahu den ersten Kindergarten auf, den sie so gestaltete, dass er die Bedürfnisse der Kinder und die klimatischen Bedingungen berücksichtigte – die Lebensbedingungen im Tal Beit She’an sind wegen der Hitze sehr hart. Der „Junkyard“, wie Haas ihn nannte, ist eine weitläufige offene Fläche mit vielen wiederverwerteten Materialien und mit Oberflächen, die sich für temporäre Aufbauten eignen. Es ist ein Ort für einen dynamischen Prozess des Bauens und Schaffens. Die Kinder lernen, eine unabhängige Persönlichkeit zu entwickeln, indem sie ihre Fähigkeiten entdecken und ihre Vorstellungskraft nutzen. Andere Kibbuzim griffen die Idee auf. „Junkyards“ prägen die Umgebung ihrer Kinderhäuser.

 

Hans Günter Golinski: Sie müssen sich das so vorstellen: Sie haben da ausrangierte Lampen, Elektrogeräte – alles was man in einem Haushalt hat und nicht mehr benötigt. Und die Kinder fangen nun unter vorsichtiger Anleitung an, damit umzugehen und zu spielen, die Dinge aber auch ganz anders zu benutzen, als sie ihrer Herkunft nach benutzt werden. Gewohnte Alltagsgegenstände regen die Fantasie der Kinder an und legen ihre Kreativität frei. Für uns als Kunsthistoriker ist das ein spannendes Phänomen, weil hier Kreativität auf eine ganz andere Weise erzeugt wird. Wir kennen aus der Kunstgeschichte den Umgang mit Gegenständen. Marcel Duchamps hat mit Readymades gearbeitet, Pablo Picasso hat für seine Assemblagen Alltagsgegenstände verwendet, die Surrealisten haben Fundstücke zum objet trouvé erklärt. Umso spannender ist es zu sehen, wie in der Pädagogik so etwas eine Rolle spielte.   

 

Ganz konkret auf Haas und ihre „Junkyards“ bezieht sich die gleichnamige Videoarbeit des deutschen Künstlers Olaf Holzapfel. Können Sie sagen, wie er auf das Thema gestoßen ist? Wie würden Sie die Arbeit beschreiben – ist es eine Hommage oder eine ganz eigene  künstlerische Auseinandersetzung? 

Bar-Or: Olaf Holzapfel wurde von Loushy Art & Projects aus Tel Aviv nach Israel eingeladen. Als er mich in Ein Harod besuchte, überquerte er die „Junkyards“ und war beeindruckt von dieser Kindergarten-Landschaft. Sein Film handelt von der Auseinandersetzung damit und der Weiterentwicklung dessen, was im „Junkyard“ passiert. 

 

Golinski: Olaf Holzapfel ist jemand, dem es um prinzipielle Strukturen geht, die er als Künstler aufnimmt und weiterentwickelt. Der wie ein Feldforscher permanent auf künstlerischer Entdeckungsreise ist. Und als er nach Israel kam und durch Galia Bar-Or in das Kibbuz-Leben eingeführt wurde, hat ihn interessiert: Wie sind die sozialen Strukturen, wo sind Kreativfelder? Und dass man Kindern solche Felder eröffnet, indem man sie, ich sage mal: mit „Sperrmüll“ konfrontiert, das hat ihn natürlich fasziniert. Er hat unterschiedliche Kibbuzim bereist, auch den, in dem Malka Haas lebt, und auf sehr eindringliche Weise das Umgehen der Kinder in den „Junkyards“ festgehalten: Wie sie sich bewegen, gemeinsam etwas bauen und entwickeln. Natürlich ist das auf der zweiten Ebene auch eine Würdigung dieser Pädagogik. Aber man darf jetzt keinen klassischen Dokumentarfilm erwarten.

 

Wie passt die Installationskunst des Israelis Nahum Tevet da hinein?

Golinski: Nahum Tevet ist mit dieser Art von Pädagogik aufgewachsen. Und wenn man seine abstrakten Holzobjekte, die teilweise an Stühle, an Tische oder ein Boot erinnern, mit dem Wissen um das Konzept von Haas betrachtet – dann fühlt man sich plötzlich an die geordnete Unordnung erinnert, wie man sie auf einem „Junkyard“ antrifft.

Galia Bar-Or: Nahum Tevet ist im Kibbuz geboren und aufgewachsen. Er arbeitete mehrere Jahre als Künstler im Kibbuz und hielt den Kontakt dorthin immer aufrecht. Seit er Anfang der 1970er-Jahre künstlerisch zu arbeiten begann, beschäftigte er sich mit einfachen, gefundenen Objekten, die er im Kibbuz, nahe seines Studios, sammelte. Das inspirierte ihn zu seinen „Objekt-Bildern“, die man vielleicht als das zentrale Element seines ganzen Werks beschreiben kann: nicht-lineare Installationen, die sich mit körperlicher Erfahrung, Fluidität und der Doppelbödigkeit des Erinnerungsvermögens auseinander setzen.

Die Ausstellung ist sowohl auf Künstler- als auch auf Kuratorenseite eine deutsch-israelische Kooperation. Wie kam sie zustande?

Bar-Or: Es war die Idee von Loushi Art & Projects, Tevet und Holzapfel zusammenzubringen. Als Holzapfel in Ein Harod beschloss, sich auf das Thema „Junkyard“ zu konzentrieren, wurde ganz offensichtlich, dass hier ein faszinierender, generationenübergreifenden künstlerischer Dialog entsteht.

 

Und wie kam das Kunstmuseum Bochum ins Spiel?

Golinski: Ich bin mit Galia Bar-Or in einem sehr engen Austausch. Wir haben vor einigen Jahren eine Art Freundschaftsvertrag zwischen unseren Museen geschlossen und schon mehrere Projekte zusammen gemacht. Wir haben gemeinsam überlegt: Könnte das ein Projekt werden, das für Deutschland und Israel gleichermaßen von Interesse ist? Als das entschieden war, haben wir stufenweise gemeinsam mit den Künstlern die Konzeption entwickelt.

 

Sie formulieren selbst als Ziel der Ausstellung, einen Dialog in Gang zu setzen: zwischen zwei Künstlern, aber auch zwischen zwei Ländern und zwei Generationen. Sehen Sie in der Kunst ein besonders geeignetes Mittel dafür?

Golinski: Unbedingt. Kunst ermöglicht eine Kommunikation, die viele Bereiche auffängt, die in der normalen verbalen Kommunikation zu kurz kommen. Kunst argumentiert stark visuell und schafft Möglichkeiten, emotionale Sinnesbereiche zu berühren. Kunst erweitert die Wahrnehmung. Kunst provoziert natürlich. Kunst kann auch ganz anders mit bestimmten Themen, mit Tabu-Themen, umgehen. So dass man gerade zwischen zwei Ländern, zwischen zwei Gesellschaften vieles wechselseitig transportieren und transformieren kann, was über andere Formen nur schwer möglich ist.

 

Bar-Or: Wir spüren beide das gleiche Gefühl von Verantwortung gegenüber der Vergangenheit. Außerdem teilen wir die Ansicht, dass Kunst auf ihre ganz eigene Art in der Lage ist, sich einer komplexen Vergangenheit implizit und explizit anzunehmen. Und vor allem: den Herausforderungen einer sich ständig wandelnden Umwelt zu begegnen.

 

 

Hans Günter Golinski ist Direktor des Kunstmuseum Bochums, Galia Bar-Or leitet das Museum of Art in Ein Harod. Die Ausstellung „The Rough Law Of Gardens“ ist vom 23. August bis 25. Oktober 2015 in Bochum zu sehen. Parallel dazu wird am 10. Oktober eine Ausstellung mit weiteren Arbeiten von Olaf Holzapfel und Nahum Tevet im Museum of Art in Ein Harod eröffnet.

Jürgen Moises

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