„Lasst uns über Literatur reden“
Die International Jerusalem Book Fair und die Leipziger Buchmesse: Zwei bedeutende Orte für deutsch-israelische Begegnungen.
Die Leipziger Buchmesse widmet ihren Messeschwerpunkt in diesem Jahr der Literatur aus Israel. Anlass dafür sind 50 Jahre deutsch-israelischer Beziehungen. Unter dem Titel „1965 bis 2015. Deutschland – Israel“ kommen in 74 Veranstaltungen vom 12. bis 15. März 40 Autoren zu Wort. Die Idee: Über die Literatur sollten die deutschen und israelischen Schriftsteller und ihr Publikum die Gelegenheit haben, sich dem jeweils anderen Land zu nähern und über ihre jeweiligen Wahrnehmungen ins Gespräch zu kommen. Denn „Literatur ist oftmals politisch“, wie Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse betont.
Ob israelische Literaten diese Meinung teilen? Nicht durchweg – davon konnten sich Oliver Zille und eine Gruppe von deutschen Literaturjournalisten anlässlich der International Jerusalem Book Fair selber überzeugen.
Vom 7. bis 11. Februar traf die Gruppe auf Einladung der deutschen und israelischen Außenministerien eine Reihe israelischer Autoren und Verleger sowie die Macher der Jerusalemer Buchmesse.
Bei den Autorentreffen in Tel Aviv und Jerusalem mit Hila Blum, Lizzie Doron, David Grossman, Ayelet Gundar-Goshen, Fania Oz-Salzberger, Ron Segal oder Meir Shalev waren Journalisten und Literaten schon nach wenigen Minuten in politische Debatten vertieft. Offen sprachen die Autoren über ihre persönlichen Einschätzungen der innen- wie außenpolitischen Entwicklungen in Israel und Deutschland.
Insbesondere Lizzie Doron, die in ihrem jüngsten Werk die schwierige Freundschaft zwischen ihr und einem arabisch-israelischen Filmemacher beschreibt, ging auf die komplexe Situation in Israel und den palästinensischen Gebieten ein. Als komplex bezeichneten die Teilnehmer der Diskussionsrunde „Israelis in Berlin“ auch die Motivation junger Israelis, zeitweise in Berlin oder an anderen Orten in Deutschland zu leben. Auf dem Podium der Veranstaltung des Goethe-Instituts saß neben den Autoren Eldad Beck und Fania Oz-Salzberger der Botschafter des Bundesrepublik Deutschland in Israel, Andreas Michaelis.
Doch alle Autoren waren sich in einem Punkt einig: Sie möchten in erster Linie als Schriftsteller wahrgenommen werden, egal wie politisch oder auch nicht ihre Werke sind. Meir Shalev, der in Deutschland seit Jahrzehnten zu den erfolgreichsten israelischen Autoren zählt, betonte im Gespräch, dass seine Bücher nicht politisch seien und forderte: „Lasst uns über Literatur reden“.
Israelischer Buchmarkt im Umbruch
Über Bücher und den Buchmarkt wollten die Journalisten mehr von dem Verleger Yftach Dekel, Geschäftsführer des größten israelischen Verlages Keter, sowie vom Direktor der Jerusalemer Buchmesse, Yoel Makov, wissen. Auch hier spielt die Politik eine Rolle – allerdings die Innenpolitik. Denn seit dem Sommer 2014 greift ein neues Gesetz, das erstmals eine Buchpreisbindung einführt. Diese Buchpreisbindung gilt ausschließlich für Neuerscheinungen in den ersten 18 Monaten nach der Erstveröffentlichung.
In Israel entfallen 90 Prozent des Buchhandels auf zwei Handelsketten. In einem Markt ohne Buchpreisbindung führte diese verschärfte Wettbewerbssituation zu einer „Rabattschlacht“, wie Yftach Dekel bei einem Pressegespräch mit den deutschen Journalisten in Jerusalem betonte. „Der Buchhandel bestimmte nicht nur die Preise gegenüber dem Kunden, er diktierte damit auch die Preise gegenüber den Verlegern“, so der Geschäftsführer. Eine fatale Situation für die 164 israelischen Verlage. Seit der Einführung der Buchpreisbindung für Neuerscheinungen im letzten Sommer sank die Anzahl der verkauften Bücher um 60 Prozent, so der Geschäftsführer von Keter. Dennoch ist die Einschätzung des Verlegers und des Buchmessedirektors einhellig: Das Bedürfnis zu lesen sei in Israel nach wie vor ungebrochen.
Dass das auch für Deutschland gilt, wird die Leipziger Buchmesse vom 12. bis 15. März erneut unter Beweis stellen. „Wir rechnen ähnlich wie im letzten Jahr mit mehr als 230.000 Besuchern zu den 3200 Veranstaltungen der Leipziger Buchmesse und von Europas größtem Lesefest ‚Leipzig liest‘“, erklärt Buchmessedirektor Oliver Zille.